Interviews

Street Art trifft auf Beauty-Guru John Frieda – Künstlerin Anne Bengard im Interview

von Jen
Ein Portrait von Anne Bengard vor der John Freide Volume Wall in Berlin

Anzeige

#VolumeVibesInBerlin

Was tun, wenn dein Haar einfach nicht so will wie du? Entweder du holst dir die passenden Pflegemittel oder du begibst dich in die Prinzenstraße 29 nach Berlin Kreuzberg. Hier hat die Künstlerin Anne Bengard einen voluminösen Haarschopf gezaubert. Ihr Kunde: John Frieda. Ihre Mission: Volumen.

Das Street-Art-Kunstwerk entstand am 8. November und wird euch noch einige Zeit erfreuen. Natürlich ist das noch nicht alles. Die John Frieda Volume Wall dient als Kulisse. Mit einem persönlichen Bild vor der Wall, könnt ihr ein Produktset der Luxurious-Volume Reihe gewinnen. Auch dabei ist eine Limited Edition der Blow Dry Lotion, welche ebenfalls von Anne Bengard exklusiv designed wurde Dafür müsst ihr nur folgendes beachten: Nutzt den Tag @johnfriedade und die Hashtags #AusFeinWirdVolumen #MoreVolumeVibes #VolumeVibesInBerlin.

Überraschung @overview_mag

Auch wir haben eine zusätzliche Überraschung für euch auf die Beine gestellt. Ab Montag, den 17.12.2018 könnt ihr auf unserem Instagram-Channel auch zwei tolle Luxurious-Volume Reihen gewinnen. Schaut vorbei und sahnt ab.

Künstlerin Anne Bengard

Wir wären nicht Overview, wenn wir uns nicht zu diesem spannenden Projekt die Künstlerin Anne Bengard persönlich geschnappt hätten, um ihr einige Fragen zu stellen und sie in einem Interview vorzustellen. Hier kommt ihr zur Homepage der Künstlerin. Anne Bengard ist in England und Deutschland zuhause. Die junge Anne ist mit 9 Jahren aus Leipzig nach England gezogen und nach dem College wieder zurück nach Berlin. Sie hat ihren Weg in die Kunst gefunden und lässt sich nicht mehr unterkriegen. Natürlich war der Pfad nicht immer leicht, aber mit viel Geduld und Energie bleibt sie am Ball. Sie hat sich in Berlin ein Standbein aufgebaut, das sie an ihren Träumen festhalten lässt.

The Haus

Wem der Name Anne Bengard bekannt vorkommt, den leiten wir jetzt auf die richtige Spur, denn Anne Bengard war Teil der künstlerischen Bewegung The Haus. Ein leerstehendes Gebäude in der Nürnberger Straße in Berlin wurde von 100 verschiedensten Künstlern zu einer Kunst-Galerie umgewandelt, bevor es anschließend im Juni 2017 abgerissen wurde. Die Künstler konnten jeweils einen Raum gestalten und ihre volle künstlerische Kreativität ausleben. So auch Anne Bengard.

Overview Magazine: Liebe Anne, verrat uns, wie es zu der Zusammenarbeit mit John Frieda kam? Bist Du selbst ein Haar-Freak? Deine blauen Haare setzen ein Statement.

Ich gebe zu, ich liebe Haare. Vor allem Locken und Afros haben es mir besonders angetan. Und ja meine Haarfarbe ist nicht wie jede andere, aber Blau ist nun mal meine Lieblingsfarbe. In Berlin ist es meistens so grau, so trage ich meinen eigenen blauen Himmel bei mir. Mit John Frieda lief es ganz klassisch ab. Ich wurde über eine Agentur angefragt, die mir das Konzept vorgestellt hat. Nach einigen Video-Chats einigten wir uns auf eine Zusammenarbeit.

O: Wie ist es, für einen solch großen Kunden zu arbeiten? Hast Du hier überhaupt noch einen angemessenen künstlerischen Spielraum?

Natürlich, sonst würde ich die Projekte nicht annehmen. Sie haben mich ausgewählt, weil ihnen mein Stil gefällt. Ich konnte alle Farben frei wählen und die Gestaltung der Volumenpracht mitentscheiden. Zwar sind meine persönlichen Arbeiten eher unkommerziell, aber ich liebe Herausforderungen und passe meinen Stil den Anfragen an, bei denen ich mich wohlfühle. Diese Balance zu halten ist sehr interessant.

Ein Portrait von Anne Bengard vor der John Freide Volume Wall in Berlin

© John Frieda

O: Gehen wir ein wenig in der Zeit zurück. Warum Kunst?

Weil Kunst schon seit meiner Kindheit eine große Leidenschaft war. Allerdings habe ich dieser Leidenschaft erst später nachgegeben. Ich dachte immer, Grafikdesign oder Illustration sind Wege, die sicherer sind. Kunst hat leider den Ruf, kein Geld einzubringen. Als ich vor der Entscheidung stand, welches College ich besuchen sollte, brachte mich eine Lehrerin auf die Idee, ans Theater zu gehen. Natürlich nicht auf die Bühne, sondern in Richtung Kostümzeichnung und Design. Also entschloss ich mich ans Central Saint Martins College of Art and Design in London zu gehen. Allerdings wurde in diesem Jahr mein Kurs umstrukturiert von Theater-Design for Performance zu Performance Design and Practice. Der Kurs hatte nun einen sehr experimentellen Charakter und war sehr Performance-orientiert. Eine Übung beispielsweise war: Setzt euch hin, als würdet ihr euch nicht hinsetzen wollen. Oder steht auf, als würdet ihr nicht aufstehen wollen. Der Kurs hatte nichts mehr so richtig mit Design zu tun.

O: Hast Du dann den Weg zu Deiner eigenen Kunst gefunden?

Leider noch nicht. Durch einen Nebenjob im Studium bin ich in der Eventbranche gelandet und habe Innenausstattungen für Corporate Events und Party-Ausstattungen gemacht. Das habe ich Jahrelang gemacht. Malen war zu diesem Zeitpunkt leider immer noch ein Hobby.

O: Wann war der Knackpunkt, Dein Hobby zu Deinem Beruf zu machen?

Mit 25 Jahren wollte ich einfach nicht mehr. Meine Freunde und ich hatten oft eine Quarterlife-Crisis. Wir haben uns zusammengesetzt, um über unser Leben zu diskutieren und einfach nur zu meckern. Vor allem beschimpften wir das Arm-Sein. Es macht keinen Spaß, von der Hand in den Mund zu leben und dabei so hart zu arbeiten. Irgendwann habe ich gemerkt, dass es nicht voran geht. Ich hatte viele verschiedene Jobs, hab aber keinen so richtig gemacht. Wenn du so viel Verschiedenes zum gleichen Zeitpunkt machst, stagnierst du. Ich habe zwar Chancen bekommen und Jobs, in denen ich mehr Verantwortung übernehmen sollte, aber mein Bauchgefühl stand mir in all den Dingen im Wege.

„Und dann dachte ich mir: Was will ich eigentlich? ICH WILL KUNST!“

Und so bin ich nach Berlin gezogen.

O: Warum Berlin?

In Berlin konnte ich mir ein Atelier leisten. In London wäre das unbezahlbar. Für mein Zimmer zahlte ich schon 550 Pfund für 9 qm. Und natürlich hat mich Berlin auch gereizt. Ich fragte mich, ob ich überhaupt wieder in Deutschland leben könnte.

O: Wie war es für Dich nach Berlin zu kommen?

Ich habe einen totalen Kulturschock erlebt. Eigentlich war Berlin immer mein Happy-Place, wenn es in London zu stressig wurde. Zwischenzeitlich war ich länger nicht mehr in Berlin und hatte es ganz anders in Erinnerung. In meinem Kopf war es viel bunter. Und die Berliner Schnauze kam mir noch härter als sonst vor. Mal abgesehen von der Sprache. Die bürokratischen Schritte, die auf dich warten, wenn du zurückkommst, sind wirklich hart. Ich bekam automatisch das Gefühl, als würden die Menschen mich für dumm halten, weil ich manchmal Dinge nicht erklären konnte, obwohl ich ohne großen Akzent deutsch sprechen konnte.

O: In Berlin hast Du Dich dann Deinem Kunsttraum gewidmet? Wie hast Du das Vertrauen in Dich und Deine Arbeit gefunden?

Ich habe mich 10 Monate lang ins Malen und Zeichnen gestürzt. Danach kam die Realität zurück. Ich hatte keine Ersparnisse und eigentlich auch keine Arbeit. In meiner Verzweiflung dachte ich, das wird nie funktionieren und ich hatte Angst, den Kunstmarkt nie zu verstehen. Aber es gab auch immer mal wieder Ereignisse, die mich gestärkt haben. Zum Beispiel, wenn jemand mal mehrere Bilder auf einmal gekauft hat. Solche Momente schenken Kraft. Und natürlich gibt es auch schöne Zufälle. Wie, dass dich jemand im Social Media pusht und an dich glaubt. Vertrauen in sich zu finden ist also eher ein schleichender Prozess.

O: Du spezialisierst dich sehr auf Münder und Augen, wenn du dich für ein Motiv entscheiden müsstest, wäre es der Mund oder das Auge. Und warum?

Münder – rein optisch haben sie viel mehr zu bieten. In einem offenen Mund sieht man so viel. Das Schleimige, das Fleisch, die Zähne. Und genau diese Dinge sind nicht immer schön und das finde ich wiederum interessant und schön. Ich finde sie haben viel mehr Potential. Ein gewisses Unbehagen.

O: Warum möchtest Du Menschen mit Deinen Bildern herausfordern?

Meistens entsteht alles aus einem Bauchgefühl. Ich sehe vor meinem inneren Auge ein Bild, zu dem ich mich hingezogen fühle. Und ich habe auch eine persönliche Muse, die dieses Zusammenspiel sehr fordert. Sie ist eine wunderschöne Frau und hat etwas Verstörendes, nach dem ich suche. Ich versuche immer Bilder zu malen, die an der Grenze zwischen Erotik, nicht zu schön und anziehend liegen. Sie sollen auf eine sanfte Weise konfrontieren. Vor allem möchte ich Dinge malen, die von der Gesellschaft als unschön empfunden werden. Ich möchte ihre schöne und zugleich verstörende Seite aufzeigen. Genau damit möchte ich Gefühle hervorzurufen.

O: Wie wichtig ist Glück im Leben? Und hattest Du Glück?

Ja, ich hatte beispielweise sehr viel Glück, dass ich im The-Haus-Projekt mitwirken konnte. Eine Freundin hatte mich empfohlen. Noch wichtiger ist es den Moment zu sehen und auch zu nutzen.

O: Woher holst du deine Inspirationen?

Mich interessieren Menschen und Dinge, vor denen man Angst hat. Und das probiere ich in meiner Kunst widerzuspiegeln. Ich möchte die Schönheit in den Ängsten sehen. Ängste können auch ganz schön aufregend sein. Der Alptraum vom Zahnverlust ist da ein sehr gutes Beispiel. Diesen hatte fast jeder. Der Zahnverlust hat mit vielen Ängsten zu tun. Diese Ängste sind kulturell sehr verbreitet und auch unterschiedlich interpretiert

O: Den Alptraum vom Zahnverlust hast du im The-Haus-Projekt an die Wand gebracht. Warum?

Das The-Haus-Projekt war in einem ehemaligen Bankgebäude, das abgerissen werden sollte. Zu dieser Zeit hatte ich sehr viele existenzielle Probleme und wollte mich mit diesen Ängsten auseinandersetzen. Ich hatte öfter diesen schrecklichen Alptraum des Zahnverlusts und wollte ihn in diesem Raum verarbeiten. Ich wollte ein Werk schaffen, um meine Angst zu bewältigen. Und seitdem hatte ich diesen Alptraum nie wieder. Das ist jetzt anderthalb Jahre her. Ich wusste, dass dieses Gebäude abgerissen wird und deswegen wollte ich meine gesamten Ängste reinstecken und mit dem Abriss loswerden.

Ein Portrait von Anne Bengard vor der John Freide Volume Wall in Berlin

Anne Bengard beim kreieren der John Frieda Volume Wall © John Frieda

Get an overview with Anne Bengard

Beschreibe Deinen Job in einem Satz:

Mein Job ist umfangreich und auch etwas chaotisch, aber dennoch voller purer Lebensfreude.

Wie bewahrst Du Dir Deine künstlerische Eigenart?

Ich arbeite viel an mir selbst und probiere mit neuen Materialien zu arbeiten. Aber meine Farbwahl behalte ich immer bei.

Wie sieht Dein Masterplan aus?

Ich verstehe den Kunstmarkt jetzt besser und weiß, welche Möglichkeiten für mich bestehen. Ich möchte noch mehr Kunst machen.

Dein Plan B?

Ich kann immer nach London und auf meine Kontakte zurückkommen. Mein kleines Sicherheitsnetz. Sonst bin ich sehr spontan.

Warst Du eine gute Schülerin?

Ich glaube schon.

Mochten Dich Deine Lehrer?

Ja, bis auf in der 10. und 11. Klasse. Da hatte ich eine Clique, die rebellisch war. Aber ich war immer noch das gute Mädchen. Und meine guten Noten hatte ich auch.

Bist Du WG-tauglich? Warum ja oder nein?

Voll. Ich kannte es bisher nicht anders. Ich wohne erst seit 5 Wochen das erste Mal in meiner eigenen Wohnung.

Was macht Dir an Deinem Job am meisten Spaß?

Die Vielfalt und dass ich die Kontrolle habe und für mich selbst verantwortlich bin.

Was ist Deine Achillesferse?

Mein Zeitmanagement.

Das schönste Kompliment, das Du je bekommen hast?

Wenn ich Menschen mit meiner Kunst berühren kann.

Wie wäre der Mensch, der das komplette Gegenteil von Dir ist?

Ungeduldig, intolerant und sehr hektisch.

Worauf achtest Du bei einem Menschen als Erstes oder was fasziniert Dich?

Ich finde es sehr interessant, wie sich verschiedene Menschen kleiden und zu Frisuren fühle ich mich auch sehr hingezogen.

Was bedeutet für Dich das Wort fair?

Zu tolerieren, wenn Menschen Fehler machen.

Wenn du deinem älteren Ich einen Brief schreiben würdest. Was würdest du ihm schreiben?

Erlaub dir auch mal verletzlich zu sein. Sei nicht immer die knallharte Businessfrau.

Welche Eigenart stört Dich an Deiner Persönlichkeit?

Mein Fokus. Ich lasse mich sehr schnell ablenken.

Welche Eigenart liebst Du an Dir besonders?

Meine Toleranz und meine Geduld. Ich habe massenhaft Geduld. Nichts passiert von heute auf morgen. Ich gebe mir Zeit und ziehe mich zurück. Es gibt zwei Dinge, die ich nie erleben möchte und zwar ein Burn-out oder Depressionen. Ich probiere Dinge bewusst zuzulassen und mich auch zurückzuziehen.

© 2024 Overview Magazine

Editor's Choice

Weitere Artikel