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Interviews

KPM Berlin Porzellan-Malerin Annette Reimann im Interview

von Jen
KPM Berlin Porzellan Malerin Annette Reimann bei der Arbeit.

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Die Schätze der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin

Annette Reimann ist wahnsinnig talentiert und beweist dies tagtäglich in den Ateliers der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin. Sie hat sich einen Wunsch erfüllt, der ihr schon in der achten Klasse den Kopf verdrehte. Sie ist Porzellan-Malerin und verschönert besondere Porzellanstücke der KPM. Nicht ohne Grund liegen Vasen, die Annette veredelt, oft bei einem Preis von über 10.000 Euro. Jedes Stück ist ein Unikat und jeder Pinselstrich von Bedeutung, denn Annette und die anderen Porzellan-Maler dürfen jede Vase individuell gestalten. Mal sind es die Farben, die sich unterscheiden und mal die Blumen, Ornamente und Verzierungen. Das Wichtigste ist, dass das Gesamtbild miteinander harmonisiert. 

Bei unserem Ausflug in die Hallen der KPM Berlin haben wir nicht nur über die Herstellungskunst von Porzellan gesprochen, sondern durften auch in die wohlriechenden Atelierräume der Künstler spähen. 

KPM Berlin Porzellan Malerin Annette Reimann bei der Arbeit.
© Janina Wagner

Die Porzellanfarben der KPM Berlin

Nachdem die Porzellanstücke für das Bemalen fertiggestellt sind, beginnt die Arbeit von Annette Reimann. Die ausgebildete Porzellan-Malerin ist schon seit 35 Jahren bei der Königlichen Porzellan-Manufaktur und kann sich einen besseren und schöneren Arbeitsplatz kaum vorstellen. An ihrem Arbeitsplatz hat sie sich ein kleines florales Paradies eingerichtet. Wir haben die Künstlerin kurz bei ihrer Arbeit unterbrochen und ihr einige interessante Antworten entlockt. Vor allem haben wir gelernt, dass einige Kommentare von Arbeitsvermittlern unterschiedlich ausfallen und denjenigen für den sie bestimmt sind, doch auf den richtigen Weg bringen können. 

KPM Berlin Porzellan Malerin Annette Reimann bei der Arbeit.
Janina Wagner

Overview: Annette, wie bist du eigentlich zur Porzellan-Malerei gekommen?

Annette Reimann: Als ich in der achten Klasse war, bin ich über einen Flohmarkt geschlendert und dort habe ich eine so wunderbare Tasse entdeckt. Sie war natürlich aus Porzellan und handbemalt. Ein wahres Kunstwerk. Ich dachte mir, so etwas möchte ich auch gerne mal machen. Allerdings ist dieser Gedanke zwischenzeitlich verloren gegangen. Und dann kam ich aus Westdeutschland nach Berlin und musste mir eine Arbeit suchen. Beim Arbeitsamt wurde ich gefragt, was ich denn gerne mache. Ich antwortet ganz klar: „Ich male gerne.“ Und so schlug mir die Arbeitsvermittlerin die KPM vor. Ich erinnerte mich an die wundervolle Porzellantasse und bewarb mich natürlich bei der KPM.

Overview: Gab es besondere Kriterien, die man bei der Bewerbung erfüllen musste?

Annette Reimann: Ja, jeder musste für die Vorentscheidung eine Mappe einreichen wie an einer staatlichen Universität. In meiner Mappe waren viele Portraits und Stillleben beispielsweise von Flaschen. Zu dieser Zeit habe ich noch nicht den Bezug zu Blumen oder Pflanzen gehabt. Ich wollte ja nicht Blumenmalerin, sondern Porzellanmalerin werden. Alles andere war mir egal und kann auch angelernt werden. Übung macht auch hier den Meister. 

KPM Berlin Porzellan Malerin Annette Reimann bei der Arbeit.
© Janina Wagner

Overview: Gab es neben dir viele andere Bewerber und wie lief das Auswahlverfahren ab?

Annette Reimann: Als ich mich beworben habe, waren wir um die 450 Bewerber. Und dann hieß es drei Tage lang: Zeichnen, zeichnen, zeichnen. Erst Klötze, Teller mit Tassen und weiße Porzellanfiguren. Nach jeder Aufgabe sind Bewerber ausgeschieden. Ich war damals 19 Jahre alt. Zum Schluss hat die KPM mich und 6 andere Bewerber ausgewählt.

Overview: Kannst du dich noch an die Zusage erinnern? Was war das für ein Gefühl, eine der sieben Auserwählten zu sein?

Annette Reimann: Ich kann mich noch genau an die Situation und das Gefühl erinnern. Ich bin auf dem Fahrrad nach Hause gefahren und mein Vater ist zufällig an mir mit dem Auto vorbeigefahren und rief: „Annette, ein Brief von der KPM ist angekommen. Du bist angenommen!“ Das war so irre auf der Straße. Und ab da hat mein Leben erst so richtig angefangen. Das war für mich das Allergrößte!

Overview: Wie lange dauert die Ausbildung zur Porzellan-Malerin?

Annette Reimann: Die Ausbildung dauert circa 3,5 Jahre. Aber danach kommt noch eine lange Einarbeitungsphase. Diese kann zwei aber auch acht Jahre lang sein. Ich würde sagen, nach zehn Jahren ist man zu 100 Prozent bereit für die Welt der Porzellan-Malerei. 

© Janina Wagner

Overview: Wo holst du dir deine tägliche Inspiration?

Annette Reimann: Ich habe einen Garten und dieser ist meine größte Inspirationsquelle. Jede Manufaktur hat ihren eigenen Stil. Aus diesem Grund werden wir auch direkt in der Manufaktur ausgebildet, alles andere würde keinen Sinn machen. Bei der Königlichen Porzellan-Manufaktur haben wir unseren Fokus auf den naturalistischen Stil gelegt. Unsere Malereien sollen ein identisches Abbild der Natur, der Pflanzen, Blumen und Bäume sein. Und da passt ein Garten einfach am besten als Inspiration. Aber ich mache auch wahnsinnig viele Fotos und Aquarelle von der Natur. Auch fotografieren wir jede unserer Vasen, weil jede Vase auch anders bemalt wird. Keine ist gleich. Und so entwickeln wir unseren eigenen Stil und einen Blick für das Schöne. 

Overview: Wie lange arbeitest du an einer solchen Vase?

Eine handbemalte KPM Vase von Porzellan-Malerin Annette Reimann.
© Janina Wagner

Annette Reimann: Diese Vase ist schon eine Herausforderung. Sie ist sehr groß und dazu noch rund. Ich bin dann auch mal froh, wenn sie fertig ist. Aber ich würde sagen, dass ich für diese Vase drei bis vier Wochen brauche. Normalerweise arbeite ich sechs Stunden täglich. Mehr würde ich selbst nicht empfehlen, weil man sich wirklich sehr konzentrieren muss. Und genau diese Handarbeit macht unsere Vasen so besonders. Jede bemalte Vase durchläuft nicht nur den ganzen Herstellungsprozess, auch die Malereien am Ende sind wahre Kunstwerke. Da sind tausend einzelne von Hand gefertigte Pinselstriche. 

Overview: Was passiert, wenn du dich vermalst?

Annette Reimann: Das ist bei der Porzellan-Malerei überhaupt nicht schlimm. Wir haben besondere Farben, die mit Öl gemischt werden. Deshalb riecht es bei uns auch immer so schön. Je nachdem, wie die Farbbeschaffenheit sein soll, wird beispielsweise ein Lavendelöl oder auch ein Nelkenöl dazu gemischt. Porzellanfarben sind schwierig in der Handhabung. Das sind Metalloxide, die zu Pulver verarbeitet wurden. Das bedeutet, dass man die Farbe immer nach Gefühl mit Öl und Terpentin mischen muss. Das bedeutet aber auch, dass man sie wieder leicht abwischen kann, falls mal ein Pinselstrich daneben geht. Um die Farbe oder einen Arbeitsschritt dann zu festigen, muss die Vase einen Zwischenbrand durchlaufen. Und diesen Arbeitsschritt kann man eigentlich beliebig weiterführen. 

KPM Porzellan-Malerin Annette Reimann zeigt uns Porzellanfarbe.
© Janina Wagner
KPM Malerin Annette Reimann zeigt uns das Öl mit dem Porzellanfarbe gemischt wird.
© Janina Wagner

Overview: Wie reagierest du auf Kritik? Schaut bei dir auch mal jemand über die Arbeit drüber?

Annette Reimann: Konstruktive Kritik ist wahnsinnig wichtig in meinem Beruf. Nur so lernen wir weiter und verbessern uns, wie auch in jedem anderen Beruf. Hier bei der KPM kritisieren wir Künstler uns immer gegenseitig. Wir diskutieren und können uns wirklich gegenseitig konstruktive Kritik geben. Der spontan fremde Blick ist einfach sehr wichtig. 

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