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Interviews

Miss Germany – Wie sich der Schönheitswettbewerb neu erfindet

von Astrid
Celine Nadolny - Buchkritikerin, Gründerin und Teilnehmerin bei Miss Germany

Celine Nadolny – Buchkritikerin, Gründerin und Teilnehmerin bei Miss Germany im Interview

Frauen im knappen Bikini – unverheiratet und kinderlos – wetteifern um ein funkelndes Krönchen – das ist das gängige Bild, das viele Menschen mit „Miss Germany“ assoziieren. Doch der Wettbewerb hat sich neu erfunden. Mit der Kandidatin Celine Nadolny sprachen wir darüber, wie sich das Schönheitsideal bei Miss Germany gewandelt hat, welchen Herausforderungen sie sich persönlich stellen muss und was sie im Wettbewerb am meisten überrascht hat.

Overview: Celine, du gehörst zu den 160 Kandidatinnen, die in diesem Jahr bei „Miss Germany“ teilnehmen. Was braucht es heutzutage, um Miss Germany zu werden?

Celine Nadolny: Das Konzept hat sich grundlegend verändert. Krönchen, Bikini-Walks und Weltfrieden-Wünsche wird man dort nicht mehr finden. Stattdessen sucht Miss Germany heute Frauen, die echte Veränderungen vorantreiben. Denn das Konzept soll denen eine Bühne geben, die die Welt verändern, sie mit Haltung, Überzeugung und Persönlichkeit prägen und Verantwortung übernehmen. Es wird nicht mehr das eine Schönheitsideal gesucht Es werden Frauen gesucht mit individuellen Lebensgeschichten, einer Mission und Mut, diese auch gegen etwaige Widerstände zu verfolgen.

O: Spielen optische Aspekte überhaupt noch eine Rolle?

Celine Nadolny: Selbstverständlich spielen optische Aspekte immer noch eine tragende Rolle, aber eben nicht im Sinne eines Schönheitsideals wie 90:60:90. Vielmehr werden authentische Frauen gesucht, die mit sich und dem, was sie haben, zufrieden sind und das auch nach außen strahlen. Mit Blick auf die Top 160 haben wir eine unglaubliche Vielfalt an Charakteren dabei, was sich auch in Äußerlichkeiten widerspiegelt. Schönheit liegt ohnehin im Auge des Betrachters. Für mich ist jede Frau auf ihre Art und Weise wunderschön, wenn sie denn im Reinen mit sich ist und das auch nach außen trägt. Ich denke auch, dass wir als Menschen die optischen Aspekte niemals ausblenden können werden, aber eben die Ideale, deren gesellschaftliche Manifestierung wir gerade sukzessive aufbrechen. Man darf nur nie vergessen, dass Optik auch eine Sprache ist, um sich auszudrücken. Man kann sie nutzen, um mit der Außenwelt non-verbal zu kommunizieren und sich selbst zu definieren.

„Ich gehe meiner Leidenschaft nach“

O: Was magst du am neuen Konzept am meisten?

Celine Nadolny: Das ich mit meinen 1,65m überhaupt dabei sein darf – kleiner Spaß. Aber im Kern ist es genau das. Miss Germany schafft mit dem neuen Konzept eine Plattform für all die Menschen, die ihre Botschaft kommunizieren wollen. Es schiebt uns keine optischen Riegel vor. Im Miteinander spüre ich auch einfach, dass Toleranz nicht nur gepredigt, sondern auch gelebt wird. Unter den Kandidat:innen und dem ganzen Miss Germany Team ist eine Art Save-Zone entstanden – eine sichere Zone, in der niemand Angst haben braucht, man selbst zu sein.

O: Wie kamst du auf die Idee, dort selbst mitzumachen?

Celine Nadolny: Ich bin im vergangenen Jahr über das Profil einer Gewinnerin aus den letzten Jahren bei Instagram gestolpert. Es hat mich überrascht, wie stark Miss Germany sich verändert hat. Irgendwie hatte ich noch das Bild aus dem Hollywood-Film Miss Undercover mit Sandra Bullock im Kopf und war vom neuen Konzept total angetan. Als ich dann gelesen habe, wer gesucht wird, habe ich mich direkt angesprochen gefühlt. Denn mit meinem Instagram-Kanal @bookoffinance mache ich exakt das bereits seit Jahren, was von der Jury gefordert wird. Ich gehe meiner Leidenschaft nach, versuche damit die Welt ein Stückchen besser zu machen. Ich zeige Haltung und Überzeugung in einer Branche, die eigentlich eher von älteren Männern dominiert ist und wo man als junge Frau auch nicht unbedingt mit offenen Armen empfangen wird.

O: Du hast ihn gerade schon erwähnt: Deinen großen Instagram-Account @bookoffinance, auf dem du Bücher – hauptsächlich Finanzbücher, aber auch Bücher zu Karriere-Themen und zu Persönlichkeitsentwicklung – rezensierst. Welche Rolle spielt diese Tätigkeit im Wettbewerb?

Celine Nadolny: Das kann ich selbst nicht beurteilen. Allerdings vermute ich natürlich, dass es genau diese Message war, die ich über meine Kanäle verbreite, die das Interesse der Jury geweckt hat. Im Verlauf des Wettbewerbs sind wir nun schon an einigen Stellen angehalten gewesen, unsere Botschaft auf unterschiedliche Art und Weise der Miss Germany Community zu vermittelt. Demnach wird sie wohl bis zum Schluss von zentraler Bedeutung sein. Ob die Größe meines Accounts eine Rolle gespielt hat, kann ich nicht beurteilen. Es ist aber sicherlich ein Zeichen dafür, dass ich mit meinen Worten auf Anklang stoße und nun auch schon seit mehr als zwei Jahren Durchhaltevermögen beweise.

Celine Nadolny - Buchkritikerin, Gründerin und Teilnehmerin bei Miss Germany
Celine Nadolny – Buchkritikerin, Gründerin und Teilnehmerin bei Miss Germany im Interview

O: Was ist dort für dich persönlich die größte Challenge des Wettbewerbs?

Celine Nadolny: Auch, wenn man es heute wohl nicht immer direkt meinen würde, war @bookoffinance bereits vor zwei Jahren für mich ein großer Schritt. Denn jahrelang habe ich mich sprichwörtlich hinter meinen Büchern versteckt, aus Angst nicht genug zu sein. Ich habe immer mehr und mehr gelesen und mich trotzdem zurückgehalten. Als eher introvertierte Büchereule bringt ich eine gewisse Lampenscheu mit. Eben diese muss ich nun bei Miss Germany nochmal mehr ablegen als bereits bei @bookoffinance.

O: Wie zum Beispiel?

Celine Nadolny: Ich hatte durch Miss Germany mein erstes Radio-Interview, mein erstes Zwei-Stunden-Gespräch mit Reportern bei mir zu Hause, meinen ersten Livestream, mein erstes Reel, in dem ich auch mit meiner Stimme zu hören bin und, und, und. Ein ums andere Mal muss ich dort über meinen Schatten springen und das wird meine größte Challenge.

O: Wie gehst du mit diesen Ängsten um?

Celine Nadolny: Es ist für mich immer wieder eine Hürde. Hätte ich nicht so tolle Menschen hinter mir und eine so wunderbare Community, würde es mir sicherlich nochmals schwerer fallen. Im Grunde bleibt mir nicht viel übrig, als über meine Ängste hinwegzusehen. Ich muss einfach über meinen Schatten springen und diesen Druck habe ich mir mit Miss Germany selbst auferlegt.

O: Um zu lernen, auch mal im Mittelpunkt zu stehen?

Celine Nadolny: Erstens genau das und wenn es eben notwendig ist, dass ich in die erste Reihe trete, dann mache ich das auch. Ich werde mich nicht länger verstecken, denn damit kann ich niemanden inspirieren und erreiche auch weniger Menschen. Und ja, irgendwie möchte ich mich auch selbst damit herausfordern, um meine Ängste zu überwinden. Trotzdem muss ich eben nicht dauerhaft im Mittelpunkt stehen. Deswegen empfehle ich auch so gerne Bücher, motiviere zu mehr Bildung und gebe aufrichtig mein Wissen weiter. Im Idealfall inspiriere ich dadurch dutzende Menschen, die im Anschluss ebenfalls ihre Stimme erheben, den Leuten in ihrem Umfeld helfen und ihrer eigenen Mission nachgehen.

„Female Empowerment unter Frauen gibt es wirklich“

O: Was konntest du von dem Wettbewerb ansonsten noch mitnehmen?

Celine Nadolny: Meine vielleicht ein Stück weit überraschende erste Erkenntnis war, dass es Female Empowerment unter Frauen auch auf breiter Fläche tatsächlich gibt. Das hört sich vielleicht verrückt an, aber in meiner kleinen Finanz- und Bloggerbubble habe ich in den letzten Jahren nur sehr wenig aufrichtigen Support von Frauen zu spüren bekommen. Eher das Gegenteil. Eine befreundete Bloggerin nannte es mal Stutenbissigkeit und Carolin Kebekus beschreibt es so schön im Gedanken, unter Frauen könnte es nur eine geben. Bei Miss Germany habe ich aber anderes erlebt und zu spüren bekommen. Dort wird sich gegenseitig unterstützt, ohne Hintergedanken, ohne auf eigene Vorteile zu hoffen oder sich miteinander zu vergleichen.

O: Was waren für dich bislang die schönsten bzw. spannendsten Momente bei Miss Germany?

Celine Nadolny: So richtig viel habe ich dort noch nicht erlebt, denn wir stehen noch am Anfang der ganzen Reise. Trotzdem war die Live Experience eines meiner Highlights. Dort habe ich einfach einen wunderbaren Tag mit tollen Persönlichkeiten verbracht. Ich wurde eingekleidet, durfte zum ersten Mal mit professionellen Fotografen und Visagisten zusammenarbeiten, habe neue Leute kennengelernt und sogar eine tiefe Freundschaft geschlossen.

O: Wenn du Miss Germany werden solltest: Was wird von dir dann erwartet?

Celine Nadolny: Als Miss Germany hätte ich grundsätzlich erst einmal keine weitreichenden, verpflichtenden Aufgaben. Selbstverständlich soll man die Marke, das Konzept und vor allem meine Message weiterhin in die Welt hinaustragen. Die neue Miss Germany wird aber sehr frei sein, in der Art, wie sie ihre Message verbreiten und platzieren möchte. Natürlich würde von mir erwartet, bei der kommenden Staffel als Support dabei zu sein und mich einzubringen. Aber gerade auf solche Aufgaben freue ich mich ungemein.

O: Was würdest du als Miss Germany anderen Frauen gerne zeigen?

Celine Nadolny: Zunächst einmal fände ich es wunderbar als erste Miss Germany für (finanzielle) Bildung, Verantwortung und leidenschaftliches Unternehmertum zu stehen. Meine Message würde sich darüber hinaus nicht von meiner Arbeit der letzten zwei Jahre unterscheiden. Ich möchte Sachbücher und Bildung aus der trockenen Ecke herausholen und in neuem Licht erstrahlen lassen. Ich möchte mehr und mehr Menschen dafür begeistern, ihren Horizont zu erweitern und sich mit ihren Lebenszielen und -wünschen auseinanderzusetzen. Dazu gehört, die eigenen Finanzen in die Hand zu nehmen und sich nicht von vermeintlichen Expert:innen über den Tisch ziehen zu lassen. Ziel sollte es sein, ein selbstbestimmtes, erfülltes Leben zu führen. Ein Leben, was davon geprägt ist, den eigenen Leidenschaften nachzugehen, die Mitmenschen nicht zu vergessen und Wissen weiterzugeben. Stets mit dem Antrieb, die beste Form seiner Selbst zu werden und mit jugendlicher Naivität, die Welt vielleicht ein klitzekleines Bisschen besser zu machen.

Titelbild © Privat

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